Nährstoffbedarf

Allgemeines

Der Nährstoffbedarf ist der Bedarf an Nährstoffen welche für eine optimale Gesundheit und Leistungsfähigkeit benötigt wird. Beim Energiebedarf wird unterschieden zwischen:

  • Erhaltungsbedarf: Aus dem Grundumsatz und dem Bedarf für Nahrungsaufnahme, Verdauung und Muskeltätigkeit (artgerechte Haltung, termonneutraler Bereich) berechnet sich der Erhaltungsbedarf an Energie- und Proteinen. Unterhalb des thermoneutralen Bereiches wird mehr Energie benötigt.
  • Leistungsbedarf: Wird mehr Energie zugeführt, als der Erhaltungsbedarf notwendig macht, steht diese der Produktion zur Verfügung. Leistungsbedarf kann sich z.B. ergeben aus Reproduktion, Laktation, Wachstum oder Bewegungsleistung

Nährstoffe die mit der Nahrung aufgenommen werden stehen dem Körper nicht uneingeschränkt zur Verfügung. Ein Teil der Nährstoffe kann nicht aus der aufgenommenen Nahrung herausgelöst werden und daher nicht in den Körper aufgenommen werden. Diese Nährstoffe gehen über den Kot verloren.

Abbildung 1: Verdaulichkeit und Verlust der Energie. Ein Teil der aufgenommenen Stoffe geht durch verschiedene Prozesse im Körper verloren. So bleibt am Ende nicht nutzbar was am Anfang im Futtermittel enthalten ist.

Der Bedarf an Nährstoffen ist von vielfältigen Faktoren abhängig und sehr individuell (Knubel 2001). Es ist daher nicht möglich Angaben über den Nährstoffbedarf zu machen die auf jedes Tier zutreffen.

Faktoren können beispielsweise

  • Umwelteinflüsse
  • Haltung
  • Alter
  • Geschlecht
  • Rangstellung
  • körperliche Konstitution: (Gesundheitszustand, Stress, Medikamente) und
  • Physiologie des Magen-Darm-Traktes (wie gut die Nährstoffe aufgenommen werden können)

sein.

Nach ILAR (1995) spielen beim Bedarf von Labortieren folgende Faktoren eine Rolle:

  • Genetik: genetische Unterschiede zwischen Arten, Zuchtlinien, Beständen, Geschlechtern und Individuen. So können beispielsweise individuelle Wachstumsraten zu individuellem Aminosäurenbedarf führen
  • Altersstufe: Besonders betroffen sind Wachstum, Reproduktion und Laktation, da diese Stadien einen besonders hohen Bedarf an Nährstoffen mit sich bringen
  • Umwelteinflüsse: Temperatur, Umweltreize, soziale Konflikte und andere Umwelteinflüsse können den Bedarf verändern
    mikrobiologischer Status: Tierart, Fütterung und Zucht beeinflussen die Darmflora und damit auch die Nährstoffe, die ein Tier aus seiner Nahrung gewinnt
  • Untersuchungsbedingungen: Substanzen und Medikamente können den Bedarf beeinflussen
    Interaktionen zwischen den Nährstoffen: Nährstoffe beeinflussen sich gegenseitig

Zusätzlich spielt die Zusammensetzung des Futters und nicht nur sein Nährstoffgehalt eine entscheidende Rolle.

Mangel und Überschuss


Sowohl ein Mangel als auch ein Überschuss an bestimmten Nährstoffen kann dauerhaft zu Problemen für den Organismus werden. In manchen Fällen sind Folgeschäden nachhaltig und irreperabel. Es kann zu Beeinträchtigung von Wachstum und Entwicklung, Immunschwächen, Haut- und Fellerkrankungen, Schäden an Organen und Verhaltensstörungen kommen. Im schlimmsten Fall können Mangel oder Überschuss direkt oder indirekt zum Tod des betroffenen Tieres führen.

Einige Beispiele für Schäden durch Nährstoffmangel:

  • Ein Proteinmangel führt beim Hund zu beeinträchtigter Immunfunktion, erhöhter Anfälligkeit für Hautinfektionen, Disposition für Durchfälle und Parasitenbefall (Meyer & Zentek 2010)
  • Bei einem Mangel an Kalzium und Phosphor beim Hund werden Reserven aus den Knochen freigesetzt, wodurch es zu Skelettschäden kommen kann (Meyer & Zentek 2010)
  • Magnesiummangel führt beim Hund zu geringer Futteraufnahme, Muskelschwäche, Bewegungsstörungen und starke Verkalkung am Herzmuskel (Meyer & Zentek 2010)
  • Kaliummangel führt beim Hund zu Unruhe, paralyseartigen Erscheinungen, Leistungsschwäche, Blutdruckabfall und Abnahme der Nierendurchblutung (Meyer & Zentek 2010)
  • Ein Mangel an Vitamin E führt beim Kaninchen zu Degeneration der Muskulatur (Schlolaut 2003)

Einige Beispiele für Schäden durch Nährstoffüberversorgung:

  • Ein Überschuss an Energie führt beim Hund zur Verfettung. Es kann leicht zu Erkrankungen des Skelettsystems, vor allem der Gelenke, kommen (Meyer & Zentek 2010)
  • Phosphorüberschuss führt zu Fortpflanzungsstörungen (Wiesemüller & Leibetseder 1993)
    Proteinüberschuss belastet bei Pferden Leber und Nieren und kann Hufrehe auslösen (Wiesemüller & Leibetseder 1993)

Dies sind nur einige wenige Beispiele die vor allem zeigen wie vielfältig die Schäden durch falsche Nährstoffzufuhr sein können und wie wichtig es bei jeder Erkrankung ist die Ernährung als Ursache zu prüfen.

Die Toleranz gegenüber einer Über- oder Unterversorgung kann je nach Gegebenheit variieren. Einige Nährstoffe können je nach Tierart selbst in großer Menge unproblematisch sein. Manche Nährstoffe wie beispielsweise Kalzium beim Kaninchen werden zum Problem, wenn andere Faktoren nicht stimmen, wie eine eingeschränkte Flüssigkeitsaufnahme. Dann werden Überschüsse nicht ausreichend ausgeschieden und können Harnsteine bilden.

Vor allem dauerhafte Abweichungen vom Bedarf sind bedenklich. So sind wirkt sich bei Hunden ein Kaliummangel mit 1 mg/kg KM/Tag im Futter erst nach einiger Zeit aus. Minimal sollten Hunde 6 – 10 mg/kg KM/Tag erhalten, als optimal gelten ohne zusätzliche Leistung 55 mg/kg KM/Tag. Überschuss bis 2000 mg/kg KM/Tag werden gut toleriert, sofern ausreichend Wasser zur Verfügung steht.

Deckung des Nährstoffbedarfs


Der Nährstoffbedarf wird von Tieren durch Selektion geeigneter Nahrungskomponenten aus dem Anbot an Futter gedeckt. Hierfür selektieren sie ihr Futter entsprechend ihres Nährstoffbedarfs und der Giftigkeit des Futters (Knubel 2001).

Es ist eine Organismus nur möglich den Bedarf zu decken wenn die nötigen Komponenten auch zur Verfügung stehen. Stehen die notwendigen Nährstoffe nicht zur Verfügung oder sind sie in falscher Kombination vorhanden, kann der Nährstoffbedarf nicht optimal gedeckt werden, was sich auf Dauer negativ auf die Gesundheit auswirken kann.

Abbildung 2: Deckung des Nährstoffbedarfs in einem vereinfachten Beispiel bei Kaninchen. Der Bedarf eines Organismus ist individuell und von vielen Faktoren abhängig. Der Bedarf kann daher auch nur durch eine individuelle Futteraufnahme optimal gedeckt werden. Diese 3 Kaninchen (A – C) haben einen unterschiedlichen Bedarf an Nährstoffgruppen (N1 – N3). Diese Unterschiede können beispielsweise durch ihren Körpergröße, Wachstum, Geschlecht, Zucht, Immunstatus oder Haltung bedingt sein. Es werden jeweils 3 Futter angeboten, aber nicht gleichzeitig. Futter 1 bietet den Tieren verschiedene Komponenten mit unterschiedlichem Nährstoffgehalt, so können die Kaninchen entsprechend wählen und ohne Überschuss oder Mangel ihren Bedarf decken. Futter 2 bietet weniger Vielfalt, um ihren Bedarf zu decken. Daher müssen die Kaninchen A) und B) so wählen, dass Nährstoffgruppen im Überschuss vorhanden sind. Futter 3 bietet nur eine Komponente, die Kaninchen können ihren Bedarf nicht individuell decken.

Quellen


Edtstadtler-Pietsch G. (2003): Untersuchungen zum Energiebedarf von Katzen, Wien

Institute for Laboratory Animal Research (ILAR) (1995): Nutrient Requirements of Laboratory. Animals. Fourth Revised Edition. Subcommittee on Laboratory Animal Nutrition. Committee on Animal Nutrition

Meyer H., Zentek J. : Ernährung des Hundes. Grundlagen – Fütterung – Diätetik. 5. Auflage. Parey Verlag, Stuttgart 2005, ISBN 3-8304-4151-7, S. 11

Kamphues, J.; Coenen, M.; Kienzle, E. (2004): Supplemente zu Vorlesungen und Übungen in der Tierernährung. Alfeld-Hannover: M. & H. Schaper. 10. Aufl. ISBN 3-7944-0205-7

Knubel B. (2001): Untersuchung zur Konditionierung der Futteraufnahme in der Mutter – Kind – Beziehung bei Ziegen, Diss. Freien Universität Berlin

Schlolaut, W. (Hrsg) in Zusammenarbeit mit Lange, K.; Das große Buch vom Kaninchen; 3., erw. Aufl.; Frankfurt am Main; DLG-Verl., 2003; 488 S.; ISBN 3-7690-0592-9

Wiesemüller, W. und Leibetseder, J.: Ernährung monogastrischer Nutztiere, Kapitel 4. [Hrsg.]. Jena, Stuttgart: G. Fischer. ISBN 3-334-60428-4